Geschichte des Weißen Turms
Vom Wehrturm zum Wahrzeichen – der Weiße Turm in Darmstadt
Von Dr. Peter Engels, entnommen aus der Broschüre „Vom Glockenturm zur Fotogalerie“.
Stadtmauer und Wehrtürme
Der Weiße Turm stand im Mittelalter an einer strategisch wichtigen Stelle an der Südwestecke des Darmstädter Mauerrings, da die Stadtmauer, im leichten Bogen an der Stadtkirche und den Häusern des westlichen Marktplatzes vorbeiziehend, hier in scharfem Winkel zum Schloss hin abknickte. In welchem Jahr der Turm errichtet wurde, ist nicht bekannt und auch nicht mehr zu erforschen, da sowohl urkundliche als auch archäologische Belege fehlen.
14. Jahrhundert:
Am 23. Juli 1330 hatte Kaiser Ludwig der Bayer dem Grafen Wilhelm I. von Katzenelnbogen für seinen Ort Darmstadt Stadtrechte verliehen. Dies schloss auch das Recht ein, Märkte abzuhalten sowie eine Mauer mit Graben zu errichten. Ob der Bau der Stadtmauer, wie meist angenommen, unmittelbar nach der Stadtrechtsverleihung in Angriff genommen wurde, ist ebenso wenig sicher wie der Zeitraum, der bis zu ihrer Vollendung verging.
15. - 16. Jahrhundert
Den einzigen Anhaltspunkt neben der Stadtrechtsverleihung bietet eine Urkunde, mit der Graf Johann IV. von Katzenelnbogen und seine Frau Anna am 25. Juli 1418 die Bürger der Stadt Darmstadt in Anbetracht der schweren und getreuen Dienste, die sie ihnen bei ihren Bauten zu Darmstadt bisher geleistet hatten, für die nächsten 10 Jahre von einigen Steuern und Abgaben befreite. Der Hinweis auf die gräflichen Bauten kann sich nur auf das Schloss und die Stadtmauer beziehen, die wichtigsten in fürstlichem Eigentum stehenden Bauwerke. Daraus kann man den vorsichtigen Schluss ziehen, dass die Stadtmauer zu Beginn des 15. Jahrhunderts fertig gestellt war.
Als erster Bauabschnitt wurde in jedem Fall die ungefähr ein Meter dicke und bis zu acht Meter hohe innere Mauer mit Wehrgang begonnen, um anschließend die äußere, nur etwa halb so dicke und niedrigere Mauer und den Zwingerbereich zu errichten. Daran schloss sich als letzter Abschnitt der vorgelagerte Graben mit Wall und Palisaden an.
Beide Mauern waren an wichtigen Stellen und in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen durch Türme gesichert, die innere Mauer durch hohe Rund- oder Ecktürme, die äußere Mauer durch niedrigere Halbschalentürme. Die Frage, warum einige Türme der älteren Stadtmauer, zum Beispiel der Hinkelsturm und der benachbarte Mühlturm, als Rechtecktürme mit stadtseitiger Öffnung errichtet wurden, der Weiße Turm, der Schlangenturm und der Runde Turm hingegen als Rundtürme, kann nicht schlüssig beantwortet werden.
Als Turm der inneren Mauer ist der Weiße Turm grundsätzlich der ersten Bauphase zuzuordnen. Allerdings ist auf der ältesten Ansicht, die den Turm vollständig zeigt, dem Gemälde von Rodingh aus dem Jahr 1678, zu erkennen, dass er zum Zwinger hin offen ist. Dies deutet darauf hin, dass die Besatzung des Turms die Aufgabe hatte, einen Feind, der nach Überwindung des äußeren Mauerrings in den Zwingerbereich eingedrungen war, in der Flanke zu bekämpfen. Demnach ist der Weiße Turm in einer späteren Bauphase entweder nach oder gleichzeitig mit der Zwingermauer errichtet worden, vermutlich im frühen 15. Jahrhundert.
Im Juni 1449 räumte Graf Philipp der Ältere von Katzenelnbogen seinem Sohn Philipp dem Jüngeren und dessen Gattin Ottilie von Nassau Burg und Stadt Darmstadt auf Lebenszeit als feste Residenz ein. Zur Herrschaft gehörten auch Bessungen, Arheilgen, Wixhausen und weitere Orte in der Umgebung. Sofort begannen umfangreiche Bauarbeiten im und am Schloss. Unter anderem wurde dem Schloss im Norden ein zusätzliches Befestigungswerk vorgelagert, das im Osten an der heutigen Alexanderstraße und im Westen in der Nähe des Weißen Turms an die Stadtmauer anschloss. Es wäre möglich, dass der Turm erst im Zuge dieser Arbeiten um 1450 errichtet worden ist. Aber auch dies muss Spekulation bleiben.
Auf dem Gemälde von Rodingh (1678) und auch auf der älteren Stadtansicht von Merian (1646) ist die noch vollständig erhaltene Stadtmauer zu sehen.
Im 16. und 17. Jahrhundert hatte sie mit dem Aufkommen der Feuerwaffen ihre militärische Bedeutung verloren und begann zu verfallen.
17. Jahrhundert: Beseitigung der Stadtmauer
Erste Teile im Westen der Stadt wurden 1693 auf Anordnung französischer Truppen niedergerissen. Die Mauer im Westen und Süden Darmstadts verschwand allmählich bis auf geringe Reste aus dem Stadtbild. Damit verlor auch der Weiße Turm seine Bedeutung als Teil der Stadtbefestigung.
Ihm vorgelagert war ein zur Stadtseite offener kleinerer Rundturm der äußeren Stadtmauer; dessen Fundamente wurden im September 1883 beim Graben des Fundaments für ein Haus der westlichen Ernst-Ludwig-Straße freigelegt. Dabei konnte auch der der äußeren Stadtmauer vorgelagerte Graben festgestellt werden. Im November 1927 stieß man bei Abbrucharbeiten auf dem Grundstück Ludwigsstraße 7 tief unter dem Strassenniveau auf die Reste eines weiteren runden Halbschalenturmes der äußeren Stadtmauer.
Als Landgraf Ernst Ludwig ab 1695 mit der Erbauung der neuen Vorstadt begann (die heutige Obere Rheinstraße und Luisenstraße), ließ er weitere Teile der Stadtmauer einreißen.
18. Jahrhundert: Aufstockung zu einem Uhr- und Glockenturm im Jahr 1704
Der „Alte Turm hinter dem Alten Fürstenhof“, wie der Weiße Turm damals hieß, wurde 1704 von Baumeister Erich Philipp von Ploennies um ein Stockwerk erhöht, ringsherum geschlossen, mit einem Kuppeldach versehen und in einen Uhr- und Glockenturm für die Bewohner der neuen Vorstadt umgewandelt.
Die Uhr stammte von dem Darmstädter Uhrmacher Ulrich Eckmann, die Wetterfahne wurde von Hofschlosser Briel angefertigt und von Hofmaler Leuchter vergoldet. Die Umbaukosten betrugen 1.178 Gulden.
Über den Verputz und den Anstrich des Turms wissen wir nichts, er war aber wohl von Anfang an weiß, denn bereits 1738 wird er „Weißer Turm“ genannt.
"Silberglocke" als Totenglocke, die kleine für den Viertelstundenschlag
Die Silberglocke wurde geläutet, wenn ein Mitglied des Hauses Hessen-Darmstadt gestorben war, erstmals beim Tod der Landgräfin Dorothea Charlotte im November 1705, dann 1768 beim Tode Ludwigs VIII., 1774 beim Tode der Großen Landgräfin Karoline, letztmals beim Tod des Prinzeßchens Elisabeth 1903.
Im 19. Jahrhundert wurde aber auch für hohe Offiziere und Hofbeamte geläutet, so für Ferdinand Drescher, Hausverwalter auf der Mathildenhöhe (1855), Hofbibliotheksdirektor Ludwig Feder (1856), Kriegsminister von Schäffer-Bernstein (1861) und Hofgartendirektor Georg Friedrich Schnittspahn (1865).
Im 19. Jahrhundert läutete man auch zum Geburtstag und zum Namenstag des Großherzogs.
Gefängnis und Legende um das Verlies
Im Erdgeschoss mit seinen 1,75 Meter dicken Mauern und im Keller barg der Weiße Turm zwei Verliese, deren Funktion nicht bekannt ist. Eine Nutzung als Gefängnis lässt sich nur aus einer kurzen Aktennotiz aus dem Jahr 1699 ableiten. Damals wurde bei einer Besichtigung der Darmstädter Gefängnisse festgestellt, dass an dem Turm am Neuen Tor eine neue Winde und ein neues Seil beschafft werden mussten. Dafür und für Schmiedearbeiten wurden insgesamt zwei Gulden und 20 Albus ausgegeben. Bei dem genannten Turm könnte es sich aber auch um einen Torturm des „Neuen Tores“ handeln, das zwischen Weißem Turm und Schloss bis etwa 1680 den westlichen Stadtausgang bildete.
Als Gefängnis wurde neben dem Dachgeschoss des Rathauses und dem Runden Turm auch das Neue Tor genutzt. Eine Erzählung, nach der 1715 ein Wilddieb im Weißen Turm eingesperrt war und beim Schlossbrand desselben Jahres von seinem Wärter vergessen wurde und verhungert sei, ist schon deshalb ins Reich der Legende zu verweisen, weil nach 1704 nur Uhren- und Glockenaufseher, keine Gefangenenwärter oder Soldaten auf dem Turm saßen. Auch die hinter dem Turm liegenden Eiskeller der Hofküche lieferten Stoff für allerlei Erzählungen.
So habe der französische Marschall Turenne, als das von seinen Truppen besetzte Darmstadt im Jahr 1647 die verlangte Brandschatzung nicht aufbringen konnte, angesehene Bürger dort einsperren lassen. Bei deren Freilassung soll man einen Mann vergessen haben, den man später halb verhungert, an einer Tierhautdecke nagend, gefunden habe.
Bewohner in und um den Weißen Turm
Nach dem Tod der Witwe Kohl übernahm im Februar 1738 der Kanzleibote Heinrich Bleiner das Amt des Turmwächters und Glöckners.
Die Turmwächterwohnung war zunächst nur über einen an den Turm angebauten Adelshof zugänglich. Vermutlich war ein Stück des alten Wehrgangs in den Anbau an den Turm integriert. 1704 wurde ein kleiner Treppenturm angebaut, der in alten Ansichten zu sehen ist.
Später wurde dieser Turm bei einem Umbau in den Westflügel des Hofes einbezogen. Dieser Adelshof, 1621 für den Oberjägermeister von Hertingshausen errichtet, wurde um 1670 vom Hof gekauft, umgebaut und diente unter der Bezeichnung „Alter Fürstenhof“ zunächst als Gästehaus. Nachdem im Jahr 1715 ein Teil des Schlosses abbrannte, in dem sich unter anderem die landgräfliche Kanzlei und das Archiv befanden, wurde letzteres ins Rathaus gerettet und die Kanzlei in den Alten Fürstenhof verlegt, der von nun an die Bezeichnung „Kanzlei“ trug und seit 1777, als die Verwaltung in das neue Kollegiengebäude (heute Regierungspräsidium) umzog, unter dem Namen „Alte Kanzlei“ bekannt war.
1782 zogen Hauptkriegsmagazin und Hauptkriegskasse dort ein.
Der Kaufmann Gottfried Schwab erwarb das Gebäude 1825 und errichtete für sein Kaufhaus 1869 einen Neubau. Bei dieser Gelegenheit wurde der Weiße Turm freigestellt, der kleine Treppenturm abgerissen und 1871 der Turmeingang an die heutige Stelle verlegt, wobei das obere Verlies zum Eingangsraum wurde (durch Einbau einer Wendeltreppe).
1929 erwarb Siegmund Rothschild das Schwabsche Kaufhaus und verband es mit seinem um die Ecke am Markt liegenden Gebäude zum heutigen Komplex Henschel & Ropertz.
Westlich des Weißen Turms befand sich der Gasthof „Zur Alten Post“, in dem bis zum frühen 19. Jahrhundert die Thurn- und Taxis-Post untergebracht war. 1818 wurde an Stelle des Postgebäudes das Geschäftshaus der 1818 gegründeten Hofpapierhandlung von Johann Philipp Leuthner erbaut. Von dem unmittelbar daneben liegenden, heute noch bekannten Spielwarengeschäft von David Faix, das sich im Jahre 1866 hier ansiedelte, erhielt die Ecke am Weißen Turm im Volksmund den Namen „Faixe Eck“.
19.-20. Jahrhundert: Abrissversuche Nach Abriss der letzten Stadtmauerreste stand der Turm frei auf der Straße (1886)
Seit 1863 wurde vom Ludwigsplatz her die Ernst-Ludwig-Straße erschlossen. Das letzte Stück der alten Stadtmauer am Weißen Turm fiel erst 1886 im Zuge der Vollendung des Ausbaus.
Erst seit dieser Zeit steht der Weiße Turm mitten auf der Straße. Mit der Erschliessung der Ernst-Ludwig-Strasse erhielt der Platz vor dem Weissen Turm 1860 den Namen Ernst-Ludwig-Platz, vor her hieß er einfach Weißer-Turm-Platz.
Bereits zu dieser Zeit wollte man mit dem letzten Stadtmauerrest auch den Turm selbst beseitigen. Vornehmlich Darmstädter Geschäftsleute, die in ihm ein Hindernis der wirtschaftlichen Entwicklung sahen, setzten sich für den Abriss ein. Als am 9. März 1872 – nach der Freistellung des Turms – der Hessische Landtag 1.000 Gulden für die Reparatur bewilligte, wurde der Beschluss von zwei Abgeordneten mit der Begründung beanstandet, der Weiße Turm sei höchstens den Abriss wert.
Obwohl der Turm im späten 19. Jahrhundert einen eher heruntergekommenen Eindruck machte, mauserte er sich zum Darmstädter Wahrzeichen und schaffte es sogar als Motivwagen in den ersten Darmstädter Karnevalszug von 1886.
Bau der Straßenbahnlinie durch die Ernst-Ludwigstraße (1903)
Abrissdiskussion 1921 und 1931
Einen halsbrecherischen Fastnachtsscherz leistete sich am Fastnachtsdienstag, dem 4. März 1930, der junge Dachdecker Arthur Steinbeck aus der Altstadt, als er am Blitzableiter des Weißen Turms bis zur Wetterfahne hinauf kletterte und dort oben eine Stunde lang akrobatische Kunststücke vorführte. Die begeisterte Menschenmenge verhinderte, dass die argwöhnisch beobachtende Polizei ihn festnehmen konnte. Obwohl der Weiße Turm durch diese wagemutige Leistung eine große „Publicity“ erhielt, hörte die Diskussion um seinen Abriss nicht auf.
Im April 1931 wandten sich erneut Anwohner der Ernst-Ludwig-Straße mit der Forderung, den Turm zu beseitigen, an die Stadt und an die Landesregierung. Am 24. April 1931 veröffentlichte das Darmstädter Tagblatt ein Plädoyer des Weißen Turms in eigener Sache, das ihm von Stadtarchivar Adolf Müller in den Mund gelegt wurde und mit den Worten begann:
Man raunt auf den Gassen, ich sei zum Tode verurteilt. Warum sagt man’s nicht laut? Was man mir vorwirft, weiß ich nicht. Eine Anklageschrift habe ich nicht erhalten…
Seine Verteidigung hatte Erfolg, er durfte stehen bleiben. Hatte zehn Jahre zuvor der Verkehrsverein den Turm gerettet, setzte sich diesmal „Alt Darmstadt“, die Vereinigung für Ortsgeschichte, erfolgreich für seinen Erhalt ein.
Abrissversuche nach der Kriegszerstörung (1947)
Am 12. Juni 1947 beschloss die Stadtverordnetenversammlung auf Antrag der SPD mit 24 gegen 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen, ihn abreißen zu lassen, im Übrigen gegen die eigene Verwaltungsspitze.
Oberbürgermeister Ludwig Metzger, Baudirektor Peter Grund und Bürgermeister Julius Reiber hatten gebeten, die Entscheidung aufzuschieben und noch einmal zu überdenken.
Von der Darmstädter Geschäftswelt wurde der Beschluss sehr begrüßt.
In zahlreichen Leserbriefen im Darmstädter Echo hielten sich Zustimmung („ein Hindernis der wirtschaftlichen Entwicklung der Innenstadt“, „Warum so viel Lärm um den Turm? Nur weil er uralt ist, soll er bleiben? Das vereinbart sich doch nicht mit unserer ach so modernen Zeitauffassung“) und Ablehnung („Ich bin erschüttert über die Leichtfertigkeit, mit der eine so wichtige Entscheidung im Parlament unserer Stadt in wenigen Minuten durchgepeitscht wurde!“ „Wir würden es begrüßen, wenn man den Weißen Turm als Mahnmal an die Nacht vom 11./ 12.9.1944 stehen ließe und ihn seinem alten Zweck zurückgäbe, ein Glockenturm zu sein“) die Waage.
Wiederaufbau, Aufstockung und Inbetriebnahme einer neuen Turmuhr (1949-1954)
Im Juli 1949 wurde der im oberen Teil gerissene Turmzylinder durch Stahlbeton-Ringanker gesichert, verputzt und mit einem Notdach versehen, drei Zwischendecken aus Beton wurden eingezogen, neue Treppen eingebaut und Risse ausgepresst.
1954 folgte der Innenausbau, und die kupfergedeckte Haube wurde aufgesetzt. Im September 1954 konnte die neue Turmuhr in Betrieb genommen werden und nach vielen Jahren vernahmen die Darmstädter wieder die beiden Glocken des Weißen Turms, die 1942 zum Einschmelzen ausgebaut, aber dennoch über den Krieg gerettet worden waren. Sie wurden nun durch eine Dritte neu gegossene ergänzt. Die Wartung der Turmuhr, die von der Firma Philipp Hörz in Ulm angefertigt wurde, übernahm Uhrmachermeister Walter Meitzler aus der Schuchardstraße, ab 1967 sein Nachfolger Joachim Ebert.
Diskussion über Abtragung und Wiederaufbau wegen Bau einer Tiefgarage
Die Öffentlichkeit reagierte – kurz gesagt – sehr zurückhaltend auf dieses Angebot. Bisher sei noch alles, was zeitweise im Bauhof gelagert worden sei, auf ewige Zeiten liegen geblieben oder verschwunden. Zum Glück konnte die Tiefgarage auch ohne die Versetzung des Weißen Turmes gebaut werden.
Nutzungssuche für den Weißen Turm nach dem Krieg
Seit Beginn der Wiederaufbaumaßnahmen nach dem Zweiten Weltkrieg suchte man eine sinnvolle Nutzung für den Weißen Turm. Auf Initiative einer studentischen Verbindung plante das Staatsbauamt 1950 den Ausbau des Turmes zu einem Wohnheim für acht Studenten (Zeichnung folgende Seite). Diese Nutzung wurde jedoch bald als nicht praktikabel verworfen. Auch die Idee, ein Café im Turm unterzubringen, ließ sich nicht verwirklichen. Zur gleichen Zeit setzte sich die Stadt Darmstadt für die Verwendung des Turms als Museum ein, um dort die aus dem zerstörten Pädagog geretteten stadthistorischen Sammlungen unterbringen zu können. Obwohl der Landesdenkmalpfleger dieses Projekt unterstützte, ließ man den Plan fallen. Stattdessen wurden die unter dem Uhren- und Glockenraum liegenden Stockwerke 1954 für den symbolischen Preis von 1,- DM pro Jahr an die Großherzogliche Vermögensverwaltung vermietet, die die geretteten Bestände des Schlossmuseums dort unterbrachte. Das Problem der Nutzung des Weißen Turms war damit geregelt.
Wildes Plakatieren am Weißen Turm
Stattdessen beschäftigten sich Stadt und Land beziehungsweise die Verwaltung der Schlösser und Gärten, die den Turm verwaltete, jahrelang mit Farbschmierereien und dem wilden Plakatieren, das den Turm nicht nur unansehnlich machte, sondern auch zu einer Schädigung des Mauerwerks führte. Gärtnermeister Krimmel vom Prinz-Georgs-Garten lief in regelmäßigen Abständen um den Turm und teilte seiner vorgesetzten Dienststelle die kürzlich wieder angeklebten Plakate mit den Namen der verantwortlichen Organisation mit. Nun wird auch die Tür des Weißen Turms mit Plakaten beklebt, meldete Krimmel empört am 18. Januar 1972. Jahrelang schoben sich Land und Stadt die Verantwortung für die Zustände und vor allem die möglichen Kosten für die Beseitigung gegenseitig zu.
Außen- und Innenrenovierung 1983 - 1984
Letztlich wurde das Problem erst gelöst, als das Staatsbauamt Darmstadt von September 1983 bis zum Juni 1984 eine vollständige Außenrenovierung des Weißen Turms durchführte, bei der man neben einem neuen Verputz und Anstrich die Schäden im Sockel durch das wilde Plakatieren beseitigte. Auch Zeiger und Zifferblatt der Uhr wurden neu vergoldet. Rund 250.000,- DM ließ sich das Land Hessen die Wiederherstellung kosten. Seit einer Innenrenovierung im Jahr 1979 stand der Weiße Turm leer und der Hausherr suchte nach einer neuen Nutzung. Ein studentischer Ideenwettbewerb erbrachte 1983 Vorschläge vom Fernsehturm über ein Informationszentrum bis zum Regenwasserspeicher, die aber alle nicht umgesetzt wurden.
Freundeskreis Weißer Turm (gegründet 1997) Übergabe des Weißen Turms vom Land Hessen in das Eigentum der Stadt Darmstadt (2002)
Schließlich nahm sich im Juni 1997 der neu gegründete Freundeskreis Weißer Turm des Problems an und nutzt den Turm seither für Ausstellungen, Lesungen und andere kulturelle Veranstaltungen.
Am 24. August 2002 ging der Weiße Turm für die symbolische Summe von 1,- € vom Land Hessen in das Eigentum der Stadt Darmstadt über.
Mögen Stadt und Freundeskreis Weißer Turm ihn hüten und pflegen, damit die Aussage des Gedichtes eines anonymen Verfassers aus dem Jahr 1908 weiterhin Bestand hat:
Wenn einst der letzte Zeuge von Darmstadts Gründungszeit
zerfall’n in Schutt und Asche Tribut bezahlt der Zeit,
dann wird noch stolz dastehn und trotzen Wind und Sturm
der schon so viel geschmähte alte Weiße Turm.
Drum laßt den Turm uns stehen,
auf daß er später weit noch zeuge
von Alt Darmstadts ältester Vergangenheit.
Text: Dr. Peter Engels
Vom Glockenturm zur Fotogalerie – 300 Jahre Weißer Turm
Inhalt der Broschüre (mit 30 Abbildungen) die zur 300 Jahr Feier (2004) herausgegeben wurde:
- Grußwort des Oberbürgermeisters, Peter Benz
- Grußwort des Freundeskreises Weißer Turm, Peter Schüttler
- Vom Wehrturm zum Wahrzeichen – der weiße Turm in Darmstadt, Dr. Peter Engels
- Der Freundeskreis und seine Arbeit, Peter Schüttler
Nachtrag:
300 Jahr Feier des Uhr- und Glockenturm 2004 (1704 – 2004)
Auch wenn der Weiße Turm schon viel älter ist, wurde dessen Ausbau zum Uhr- und Glockenturm vor 300 Jahren im Jahr 2004 gefeiert. Die beiden Bronze Original-Glocken aus dem Jahr 1704 sind – über den Krieg vor dem Einschmelzen sichergestellt – heute wieder eingebaut und zu hören.
Winterpause!
Aktuelle Ausstellung
Wir öffnen wieder im März 2025
Sonderführungen unter info@weisser-turm-da.de
Ab dem 05. Juli
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